Das was wir haben, achten wir nicht

Ein Interview mit Tatiana V. Mamedova

(aus "Mire Zhivotnyh", Heft 1/2005, S. 5)
 
Frau Mamedova, für welche Katzen verwendet man den Begriff "Naturrasse"?
Das sind Katzen, die sich selbstständig in der freien Natur entwickelt haben. Sie kommen innerhalb einer Population von Katzen vor, die ausschließlich in einem bestimmten geografischen Gebiet leben. Die unterschiedlichen Lebensbedingungen auf unserer Erde haben einige einmalige Naturrassen in verschiedenen Gegenden hervorgebracht. So haben wir in Norwegen die Norwegische Waldkatze, in den USA die Maine Coon und in Rußland die Sibirische Katze.
Dann gibt es also nur drei natürlich entstandene Katzenrassen?
Oh nein! Es gibt da bedeutend mehr, aber ein Gespräch über Naturrassen wäre ein anderes, großes Thema. Eines gibt es aber, das sie alle gemeinsam haben. Ob in Norwegen, den USA oder Rußland, es war von Beginn ihrer Entwicklung an verboten, die einheimischen Katzen mit anderen Katzenrassen zu verpaaren. Farben wir z.B. Lilac, Chocolate oder Fellmuster wie Colourpoint (= Maskenzeichnung) sind bei diesen Katzen nicht erlaubt.
Was sind das für Leute, die solche Katzen züchten?
Bei den Naturrassen sind das Menschen, die ihr Hauptaugenmerk auf die Auswahl der besten Vererber und die richtige Wahl von Paaren für die Zucht legen,um die besonderen Qualitäten der Rasse zu erhalten. Das bedeutet daß man sehr darauf achtet, keine "Mischlinge" in die Zucht gelangen zu lassen. Gemeint sind damit Katzen, die aus einem Rassemix hervorgegangen sind (z.B. Sibirier x Perserkatze oder Sibirier x Siamkatze).
Wie wir wissen, arbeiten Sie mit Sibirischen Katzen. Wie sieht so eine Sibirische Katze aus?
Sibirische Katze Nun ja, viele würden ihnen sagen daß sie wüßten, wie diese Katzen aussehen weil sie genau diese Art selbst zu Hause haben. Und tatsächlich haben einige Hauskatzen eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Sibirischen Katze. Aber leider gibt es nicht so viele echte Sibirische Katzen. Diese sind zunächst einmal recht massive und muskulöse Tiere mit breiten Pfoten. Sie haben einen schweren Knochenbau. Die Weibchen sind kleiner als die Kater. Eine sibirische Katze wiegt im Schnitt zwischen 3 bis 5 Kilo und mehr, ein Kater 6 bis 9 Kilo und mehr. Die Männchen haben bei dieser Rasse mehr Fell und sind dadurch auffälliger. Sie haben eine voluminöse Halskrause, die an eine Mähne erinnert, wunderschöne "Höschen" und einen buschigen Schwanz. Das Fell einer Sibirischen Katze verknotet sich niemals. Das dichte Unterfell gibt dem Außenfell Halt. Wegen der äußeren Haare glänzt das Fell, es macht Freude es anzufassen und es ist halblang. Das Fell einer Sibirischen Katze darf niemals wirklich lang sein. Der Kopf hat die Form eines breiten Trapezes, die Augen sind von ovaler Form und sitzen weit auseinander etwas schräg im Gesicht. Ihre Farbe ist grün oder gelbgrün. Einer der Vorteile dieser Rasse ist, daß die Katzen sehr freundlich sind. Sie haben einen sehr sozial eingestellten Charakter, einen guten Überlebensinstinkt, ausgezeichnete Gesundheit und sind aufrichtig und treu.
Die Farben und Zeichnungen einer Sibirischen Katze können sehr unterschiedlich sein. Es gibt unter ihnen Getigerte (mackerel) und Gestromte (blotched, sehr besonders) sowie solche ohne Fellmuster in schwarz, blau, silber und rot oder creme. Die Sibirier mit Fellmuster, die sogenannten Tabbies, tragen immer ein Muster in Form des Buchstabens "M" auf ihrer Stirn. Außerdem haben sie dunkle Wellenlinien auf den Wangen und Ringe um die Brust, Streifen auch auf ihrem Schwanz und den Pfoten. Nicht ohne Grund nennt man die Sibirische Katze auch das "fluffige Wunder von Rußland".
Frau Mamedova, wie denken Sie über die Neva Masquarade Katzen? .
Dem Auftauchen dieser Katzen wurde mit Interesse begegnet. Sie sehen aus wie eine Sibirische Katze, haben aber die Zeichnung einer Siamkatze. Das sind dunkle Fellpartien im Gesicht, auf dem Schwanz und den Beinen, die sogenannten Points. Es verleiht den Tieren ein luxuriöses Aussehen. Die Besitzer bestanden darauf, daß es sich bei ihren Katzen um Sibirische Katzen handelte und daß das "Himalayan Gen", welches diese Musterung verursacht, in der Rasse selbst vorkomme und als Ergebnis die Neva Masquarade hervorbringe. Natürlich ist das frei erfunden, es gibt da keine Übereinstimmung mit dem Genpotential der Sibirischen Katzen. So gab es denn auch zu Beginn nicht sehr viele von diesen Tieren und man erlaubte ihnen deshalb stillschweigend, auf den Katzenausstellungen neben den Sibirischen Katzen gezeigt zu werden. Sehr bald fand man auch die Erklärung zu diesem Phänomen der Maskenkatzen. Die ersten Tiere mit Siamfärbung tauchten in Rußland in den 70er Jahren auf. Einige solcherart gemusterter Katzen wurden von dem Direktor einer Puppenbühne namens Sergey Obraztsov ins Land gebracht und indem sich Sibirische Katzen mit diesen "Siamkatzen" paarten, bekam man nach einigen Generationen die ersten Neva Masquarade. Und als dann wiederum Perserkatzen nach Rußland eingeführt wurden, entschieden sich einige Katzenliebhaber dafür, die Neva Masquarade direkt mit colourpoint Perserkatzen zu verpaaren. Auf diese Weise versuchten sie, das Fell ihrer Tiere zu verbessern und es länger werden zu lassen. Im Ergebnis mögen diese Tiere schön sein, aber es ist längst eine andere, neue Rasse geworden. Denn wenn wir uns erinnern, es ist verboten, Sibirische Katzen mit Katzen anderer Rassen zu mischen! Ganz ohne Zweifel brauchen wir für diese Tiere eine Registrierung als neue Rasse, falls es nötig werden sollte. Die Fellqualität und der Gesamteindruck sind völlig verschieden von dem einer Sibirischen Katze. Es ist unumgänglich, daß man diese Rasse von den Sibiriern getrennt züchtet und aufrichtig über ihre Entstehung ist.
Wie schon Frau Elena Shevchenko (Expertin der IFA, IFC und ICJF) in einem ihrer Artikel erklärte : "Die Amerikaner haben nicht angefangen, ihre Main Coons mit Maskenkatzen zu verpaaren um eventuell "Hudson Festivals"(*) zu bekommen. Und keiner der Dachverbände (**), weder in den USA noch in Europa (mit Ausnahme des WCF) akzeptieren diese Rasse als Sibirische Katze. Ein jedes Land schützt seine heimischen Rassen und seinen Tierbestand und ist stolz auf sie. Ein Vermischen der alten, einheimischen Rassen mit Importen ist verboten. Nur hier, bei uns in Rußland, da ist offenbar alles erlaubt. Klar ausgedrückt, "Das was wir haben achten wir nicht - haben wir es dann verloren, kommt das große Klagen."
Auf den Katzenausstellungen im Ausland wird die Sibirische Katze mit Staunen begrüßt und kleine sibirische Kätzchen kauft man gern. Wenn man diese beiden Rassen, die Sibirische Katze und die Neva Masquarade, nicht trennt, werden wir bald unsere Sibirischen Katzen im Ausland kaufen müssen.

© Tatiana V. Mamedova, Sibirische Katzen "Adagio".

Nach der englischen Übersetzung von Olga Khalkina, S* Moya Mechta
ins Deutsche übertragen von Maimuna Nack, D* Tscharodeika
 
herz

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